13.Februar
Gedenken an Dresden
Heute vor 60 Jahren starben 35000 Menschen, als die Bomben der Alliierten die Stadt Dresden zerstörten.
Die erste Gefahr für die Bewohner Dresdens in diesen Tagen des Februars 1945 war natürlich das Naziregime, die Gestapo. Aber die zweite Gefahr war die, von den Befreiern getötet zu werden. Weil eben Bomben nicht unterscheiden zwischen Verfolgern und Verfolgten. Die Menschen waren dessen vollkommen bewusst, auch damals.
Obwohl die gesehen haben, was da angerichtet worden ist. Und trotzdem blieben die da oben immer ein Teil Befreier dieser Stadt. Dass das hier ganz klar ist. Obwohl sie auch die Dresdner bedrohten. Sie waren die Befreier, daran hat sich nichts geändert. Denn die Mehrheit der Deutschen wusste eben auch, wer verantwortlich war. Das muss hier in voller Klarheit gesagt werden, ohne dass das irgend etwas ändert an der bodenlosen, grenzenlosen Trauer die wir alle empfinden für diese Menschen, die Deutschen, die da unter den Brandbomben umgekommen sind.
Nun sind ja die Luftangriffe zu einem Zeitpunkt, an dem der Krieg schon fast entschieden war, auch in Großbritannien umstritten. Es gibt Historiker die sagen, gerade der Angriff auf Dresden sei wegen der vielen zivilen Opfer, der vielen Flüchtlinge in der Stadt ein Kriegsverbrechen gewesen.
Diese These, dass der Angriff auf Dresden wegen des nahen, absehbaren Kriegsendes verbrecherisch gewesen sei, ist problematisch. Da fragt man sich ob die deutschen Bombardierungen von Warschau, Rotterdam, Coventry,
London, Liverpool, Belgrad am Anfang des Krieges weniger verbrecherisch gewesen sind als das, was da am Ende des Krieges geschehen ist. Und: Ehe Dresden. Köln, Hamburg, Berlin, Pforzheim, Würzburg gebrannt haben, haben die Synagogen in Deutschland gebrannt. Zwischen diesen beiden Bränden gibt es eine kausale Ursache.
Am Morgen der Nacht, in der Dresden unterging, ging der letzte Transport Hamburger Juden nach dem Osten ab. Das heißt, das Ende des Krieges war abzusehen, die alliierten Heere standen in Ost und West schon auf deutschem Boden, nichts funktionierte mehr, alles ging drunter und drüber. Nur Eichmanns Deportationsmaschine, die funktionierte noch.
Aber diese Gedankenverbindung zwischen dem Untergang Dresdens und dem letzten Transport Hamburger Juden ist immer da. Im Übrigen, auch in Dresden waren in der Zeit um den Angriff Deportationen von Juden geplant – denen hat der Angriff das Leben gerettet.
Vom Stadium des Geschehens her war dieser Angriff auf Dresden in jeder Beziehung unnötig. Infolge dessen kann man sich durchaus fragen, ob nicht die Alliierten damit ein Eigentor geschossen haben. Allein schon weil es Nahrung war für jene, die damit die deutschen Bombardierungen europäischer Großstädte relativieren wollen.Dieser Gedanke sollte aber nicht in den Mittelpunkt gestellt werden, weil das die primär Verantwortlichen entlastet: Hitler und seine Anhänger.
Wenn zum Jahrestag des Angriffs auf Dresden Rechtsradikale demonstrieren die, denen die deutsch verursachten Opfer völlig gleichgültig sind heucheln Anteilnahme für deutsche Opfer! Sie haben keine innere Beziehung zu irgendeiner Opfergruppe, jede Opfergruppe ist ihnen nichts als Aufrechnungsmasse für ihre entseelte Toten-Arithmetik.
Da fragt man sich was in Deutschland schief gelaufen ist, dass wir uns 60 Jahre danach herumschlagen müssen mit der Frage, ob die zeitgenössische Variante des Nationalsozialismus noch mehr parlamentarischen Einfluss bekommt als sie jetzt schon hat, mit ihrem Einzug in den sächsischen und den brandenburgischen Landtag. Was ist hier schief gelaufen? Was stimmt hier nicht in Deutschland, dass wir uns solche Fragen stellen müssen?
Schief gelaufen ist, dass die NS-Zeit verdrängt wird, verleugnet wird. In einer Republik, die so entschieden gegen ihre Feinde vorgegangen wäre, wie sie es verdient hätten, hätten diese Leute von der NPD nie ein Bein auf den Boden bekommen. Stattdessen wird der Rechtsstaat so ausgelegt, dass auch seine Feinde unter Presse- und Meinungsfreiheit fallen, obwohl jeder weiß, dass diese Leute alle Freiheiten sofort abschaffen würden, wenn sie könnten, wie sie wollten.
Deutschland ist eingebettet in die europäische Demokratielandschaft und kann nicht heraus. Aber die Schmerzgrenze beginnt ja viel früher: Da, wo diese Leute sich durch ihre parlamentarischen Erfolge in Licht setzen können, wie das jetzt geschieht. Wenn man in Nachrichten hört NPD, NPD, NPD, das ist ihnen schon gelungen. Also, härter vorgehen gegen sie mit den Sicherheitsorganen, mit den Organen des Staates, aber natürlich auch durch Erziehung, durch Aufklärung. Da fehlt ja etwas, dadurch haben diese Leute ja Erfolge.
Vor allem im Osten hat es sicher viele Protestwähler gegeben, die NPD gewählt haben, ohne ihrer Ideologie anzugehören. Trotzdem bleibt es unheimlich, wenn in Deutschland die Menschen rechts wählen, weil es ihnen schlecht geht. Von dieser Seite kann doch überhaupt keine Lösung kommen! Das sind letztlich geschichtliche Verlierer, Leute die nur eine Rück-Sicht haben und überhaupt nicht nach vorne blicken können. Verbale Stotterer zum großen Teil, politische Stotterer, aber leider auch Leute mit bürgerlichem Habitus, und die Gedanken dieser NPD reichen bis in die Mitte der Gesellschaft hinein. Das alles ist beunruhigend genug.
free - 2005/02/13 15:46